065 Vom Angraben, von Pegelverläufen und von Eicheln in Butterbrottüten

Die Jahrestagung im Sonderausstellungsraum des Archäologischen Landesmuseums ist gut besucht. Foto: A.-M. Graatz, BLDAM

Auch in diesem Jahr präsentierte die Brandenburgische Landesarchäologie spannende Ergebnisse aus dem Vorjahr. Wir haben uns unter die 200 Besucher:innen gemischt, den Vorträgen gelauscht, anregende Gespräche in der Kaffeeschlange geführt und uns die neuesten archäologischen Publikationen zeigen lassen.

Von mesolithischen Artefakten aus Feuchtböden bis zu einem Zwangsarbeitslager aus der Zeit der nationalsozialistischen Terrorherrschaft reichte das Spektrum der Themen, die im zum Tagungsraum umgestalteten Sonderausstellungssaal des Archäologischen Landesmuseums vorgestellt wurden.

Der Jahresfilm “Momentaufnahmen 2024” von Thomas Claus hatte am Donnerstag nach den Begrüßungsworten von Franziska Hammer, Referatsleiterin im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur, Steffen Scheller, Oberbürgermeister von Brandenburg an der Havel, und Prof. Dr. Franz Schopper, dem brandenburgischen Landesarchäologen, Premiere. Der Film ist auf dem YouTube-Kanal des BLDAM abrufbar.

Eine Auswahl der Vorträge finden Sie in der Pressemappe zusammengestellt.

Die Gespräche führte Anne-Marie Graatz, Pressesprecherin am BLDAM.

Kleines Lexikon:

Fund: Beweglicher Gegenstand. Funde sind Sachen, Mehrheiten von Sachen, Teile oder Spuren von Sachen, von denen anzunehmen ist, dass es sich um Denkmale handelt.

Befund: Abgegrenzte Bodenverfärbungen, Bereich in dem die Funde liegen.

Prospektion: Geländebegehung zur Erfassung archäologischer Objekte und Strukturen.

Wandgräbchen: Bei Ausgrabungen entdeckte schmale Gräben, die von Holzwänden herrühren.

Makroreste: Pflanzliche und tierische Überreste, die mit dem bloßen Auge unterschieden werden können.

Stratigraphie: Beschreibung zeitlich aufeinanderfolgender Schichten und Formationen.

Pürckhauer: Hohlmeißelbohrer), der mit einem Hammer in den Boden geschlagen wird. Damit kann der Bodenaufbau untersucht werden.

Doppelkonus: Gefäß mit schmalem Boden, breitem geknickten Gefäßkörper und schmaler Öffnung.

Sondage: Ein ausgegrabener Schnitt/ Gebiet.

Silex: Feuerstein

Vorrömische Eisenzeit: 8. Jahrhundert v. Chr. bis um Christi Geburt

Völkerwanderungszeit: Bezeichnet die Phase zwischen dem späten 4.. und dem 8. Jahrhundert n. Chr., in der es in Europa umfangreiche Migrationsbewegungen gab.

Slawenzeit: Zeit der slawischen Besiedlung, in Brandenburg seit um 700 n. Chr. In der archäologischen Epocheneinteilung endet die Slawenzeit mit der Einwanderung westlicher Siedler östlich der Elbe seit der Mitte des 12. Jahrhunderts. Allerdings verschwanden die Slawen nicht, es gibt bis heute slawische Bevölkerungsanteile in Brandenburg (Sorben und Wenden).

C14-Datierung: Radiokarbondatierung. Anhand des radioaktiven Zerfalls des Kohlenstoffisotops 14 kann das Alter von organischem Material bestimmt werden.

061 Backstage im Denkmalfachamt

„Haus 2“ des BLDAM in Wünsdorf. Foto: BLDAM

Rauschende Kaffeemaschinen, rauchende Köpfe und regionales Kulturerbe – es ist Montag im Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege. Zum Jahresende präsentieren wir dieses Mal unsere Kolleg*innen, die Menschen hinter den Denkmalen und ihre Denkmalgeschichten. Was begeistert die Mitarbeiter*innen des BLDAM an der Arbeit mit Denkmalen, welche sind ihre Lieblingsobjekte und was wünschen sie sich für die Zukunft? Wir haben uns auf Spurensuche begeben, von der Archäologischen Denkmalpflege über die Verwaltung, IT, bis zur Bau- und Kunstdenkmalpflege und dem Archäologischen Landesmuseum.

Zwischen den Häusern in Wünsdorf. Foto: BLDAM

Die Gespräche führte Anne-Marie Graatz, Pressesprecherin am BLDAM. Gesprächspartner*innen sind die Mitarbeiter*innen des BLDAM.

Das Büro des Landeskonservators. Foto: BLDAM

Lieblingsdenkmale in Brandenburg:

Kloster Chorin, Landkreis Barnim

Das Archäologische Landesmuseum in Brandenburg an der Havel, ehemaliges Paulikloster

Hügelgräberfeld „Schweinert“, Landkreis Elbe-Elster

Burgwall Lossow, Frankfurt (Oder)

Die Stadt Nauen, Landkreis Havelland

Burgberg von Lebus, Landkreis Märkisch-Oderland

Die Parklandschaft in Rheinsberg, Landkreis Ostprignitz-Ruppin

Stadtwüstung Freyenstein, Landkreis Ostprignitz-Ruppin

Der Einsteinturm in Potsdam

Das „Königsgrab“ von Seddin, Landkreis Prignitz

Ehemalige Kasernen in Wünsdorf, Landkreis Teltow-Fläming

Kirche in Nonnendorf, Landkreis Teltow-Fläming

Stadt Luckenwalde, moderne Bauten der 1920er-Jahre, Landkreis Teltow-Fläming

Burgturm Stolpe, Landkreis Uckermark

Das älteste Gräberfeld Deutschlands bei Groß Fredenwalde, Landkreis Uckermark

Ich liebe sie alle

Lieblingsdenkmale weltweit:

Göbekli Tepe, Fundplatz aus dem frühen Neolithikum (Jungsteinzeit), Türkei

Pyramiden von Gizeh, Ägypten

059 Willst Du abkratzen?

Auf Ausgrabung mit dem Referat Großvorhaben

Die Grabungsfläche in Neurosow (UM). Foto: A.-M. Graatz, BLDAM

Vom Scherbenjackpot bis zum Abkratzen: Ausgraben kann alles sein – kalt, überraschend, matschig, und humorvoll, nur eines nicht: langweilig. Wir waren mit dem Referat Großvorhaben auf Ausgrabung in Neurosow, in der Uckermark, und haben die Archäolog*innen, Grabungstechniker*innen, Vermesser*innen und Arbeiter*innen bei ihrer Arbeit beobachtet, standen mit ihnen im Regen und kratzten uns gemeinsam Schicht für Schicht durch die lehmige Erde.

Wie sieht das Leben einer Archäologin aus? Was ist der Unterschied zwischen Funden und Befunden? Was ist eine Blockbergung? Warum gräbt man aus und wie geht man dabei vor? Das zehnköpfige Grabungsteam, welches sich langsam aber sicher „Spezialeinheit der LBK“ (Linienbandkeramik) nennen könnte, gräbt seit Mitte April in dem kleinen Ort nahe der polnischen Grenze aus. Der Fundplatz hat aufgrund der gefundenen Linienbandkeramik besondere Bedeutung. Das Besondere an der LBK in der Uckermark ist, dass sie hier nicht so oft vorkommt.

Die Archäologin Claudia Hartung bei der Dokumentation von Befunden.
Foto: A.-M. Graatz, BLDAM

Insgesamt wurden drei verschiedene Zeitschichten entdeckt: Die Linienbandkeramik, die Eisenzeit und die Slawenzeit, also von 5600 v. Chr. bis ca. 600 n. Chr. Mehrere Grubenkomplexe und mindestens zwei Häuser wurden ausgegraben, was für einen Siedlungsplatz spricht. Woher die Menschen der Linienbandkeramik kamen, wie man auch bei Minusgraden ausgräbt und welches Tier, den Grabungsfortschritt regelmäßig kontrolliert, erfahrt ihr in dieser Podcastfolge.

Die Gespräche führte Anne-Marie Graatz, Pressesprecherin am BLDAM. Gesprächspartner:innen sind die Archäologin Claudia Hartung, der Archäologe Dr. Ralf Lehmphul und die Restauratorin Anna Gürschner-Vidart.

037 Die Ostmoderne und die Denkmalpflege

Der „Aktivist“ in Eisenhüttenstadt. © Thomas Drachenberg, BLDAM, 2011

Die Ostmoderne ist derzeit in aller Munde. Doch was ist eigentlich ostmodern? Und was haben wir davon in Brandenburg zu bieten? Was gibt es da zu entdecken und wie gehen wir als Denkmalpfleger*innen damit um?

Zu diesen und weiteren Themen rund um die Ostmoderne und die Herausforderungen der Denkmalpflege spricht in der Podcastfolge die Pressesprecherin des BLDAM, Julia Gerber, mit dem Landeskonservator Prof. Dr. Thomas Drachenberg.

Mit der Ostmoderne ist eigentlich die Nachkriegsmoderne in den Staaten des ehemaligen Ostblocks gemeint. Sind also alle Bauwerke, die dort bis zur Wende 1989 entstanden sind, ostmodern?

Der „Aktivist“ in Eisenhüttenstadt in neuer Nutzung. © Thomas Drachenberg, BLDAM, 2011

Nach der Überwindung des traditionalistischen Formenapparates der „Nationalen Tradition“ in der Stalinzeit entstand seit den frühen 1960er Jahren mehr Offenheit für moderne Formen und Konstruktionen. Industrialisierung und Fortschritt wurden in der DDR stärker betont. Der Plattenbau ermöglichte aber auch die Industrialisierung des Wohnungsbaus, mit der dem eklatanten Wohnungsmangel begegnet werden sollte. Aber nicht nur Plattenbauten sind „ostmodern“, auch kühne Konstruktionen wie die Hyparschale von Ulrich Müther in Templin und weitere exzeptionelle Bauten zählen dazu. Die Großgaststätte „Aktivist“ in Eisenhüttenstadt repräsentiert schon allein wegen ihrer schieren Größe eine heute schwer zu nutzende und deshalb eher gefährdete Architektur – eine Gaststätte für mehrere hundert Gäste kann dort heute kaum wirtschaftlich betrieben werden. Die Erhaltung und Umnutzung kann vor diesem Hintergrund als besondere Erfolgsgeschichte angesehen werden. In den 1980er Jahren entstanden dann Bauten, die an gewachsene Strukturen angepasst sein sollten, wie etwa in Bernau, wo ein „Altstadtplattenbau“ von 1984/85 das derzeit noch jüngste Gebäude in der brandenburgischen Denkmalliste ist.

Schwedt, Berliner Str. 52, Wandmosaik „Der Mensch erobert das Weltall“, 1967, von Erich Enge.
© Dirk Schermer, BLDAM, 2021

Bei der Beschäftigung mit der Ostmoderne ist aber nicht nur die Architektur selbst zu betrachten. Bis Ende 2022 erfasst das Brandenburgische Landesamt für Denkmalpflege baubezogene Kunst in den ehemaligen DDR-Bezirkshauptstädten Frankfurt an der Oder und Cottbus. Finanziert wird das Projekt durch die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. Am Industriestandort Eisenhüttenstadt läuft ebenfalls die flächendeckende Erfassung. In Schwedt wurde sie 2021 bereits abgeschlossen. Etwa 70 Objekte konnten hier dokumentiert werden, vom Wandmosaik „Der Mensch erobert das Weltall“ bis hin zu einer Betonstrukturmauer und zu Wohngruppenzeichen in großen Siedlungsanlagen.

Marie-Curie-Straße 1, Wohngruppenzeichen „Friedliche Anwendung der Atomkraft“, 1976, von Rudolf Grunemann. © Dirk Schermer, BLDAM, 2021