043 Liegend, gehockt, stehend – die mittelsteinzeitlichen Gräber von Groß Fredenwalde

Ausgrabungsarbeiten auf dem Weinberg bei Groß Fredenwalde in der Uckermark.
Foto: T. Schenk, HTW Berlin

Auf dem Weinberg bei Groß Fredenwalde in der Uckermark liegt einer der bedeutendsten Fundplätze Deutschlands. Der kalkhaltige Boden ermöglicht hier die Erhaltung von menschlichen Knochen aus der mittleren Steinzeit, die bis zu 6400 Jahre alt sind. In der Podcast-Folge spricht der Pressesorecher des BLDAM, Dr. Christof Krauskopf, mit dem Fachreferenten für alt- und mittelsteinzeitliche Archäologie, Andreas Kotula.

Die Holzkiste mit einem im Block geborgenen Grab wird abtransportiert. Foto: D. Fugger

Die ersten Gräber auf dem Weinberg waren im Jahr 1962 bei Bauarbeiten 1962 zutage gekommen. In den 1990er Jahren konnte dieser Befund in das 7. Jahrtausend calBC datiert werden, und seit dem Jahr 2012 ist es gelungen, weitere Beigaben und Menschenreste aus der alten Grabungsfläche zu bergen. Bisher liegen die Überreste von zwölf Individuen aus mindestens acht Bestattungen vor.

Bestattung in einem geborgenen Block nach der Freilegung in der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin. Foto: Alexander Rentsch

Neben einer Kleinkindbestattung konnte das Grab eines etwa 25jährigen Mannes freigelegt werden. Dessen Grabgrube war in eine weitere Kinderbestattung eingetieft worden und hatte diese weitgehend gestört. Der Mann war vermutlich in aufrechter Position beigesetzt und sein Grab erst nach dem Zerfall des Leichnams endgültig verschlossen worden. Über dem Grab wurde abschließend ein Feuer entzündet. Die Datierung der Gräber reicht von ca. 6.400 bis 4.900 calBC mit einer zeitlichen Lücke im 6. Jahrtausend. Damit liegen Bestattungen aus der Zeit vor und nach der Etablierung der ersten Bauern in der Uckermark vor – die Person in der jüngsten Bestattung war also mit großer Sicherheit in Kontakt mit frühen Bauern gewesen. Die Skelettreste bieten sehr gute Voraussetzungen für naturwissenschaftliche Untersuchungen. Im Rahmen des Projektes sollen die vorliegenden Funde detailliert ausgewertet werden, um die Lebensverhältnisse der späten Jäger-Sammler vor und nach dem Beginn der Linienbandkeramik in Nordostdeutschland zu rekonstruieren. Der Fundplatz Groß Fredenwalde wird damit einen herausragenden Beitrag zur Erforschung der Phase der Neolithisierung in Mitteleuropa leisten.

Die Arbeiten auf dem Weinberg in Groß Fredenwalde finden im Rahmen eines groß angelegten Forschungsprojektes statt, das der Frage nach dem Übergang von der Mittelsteinzeit mit ihren Jäger-Sammler-Kulturen zur Jungsteinzeit mit Ackerbau und Viehzucht nachgeht. Das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Projekt findet als Kooperationsprojekt der Universität Kiel (Prof. Dr. Henny Piezonka), der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (Prof. Dr. Thomas Schenk), dem Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege (Prof. Dr. Thomas Terberger), der Anthropologin Dr. Bettina Jungklaus und dem BLDAM (Prof. Dr. Franz Schopper, Andreas Kotula) statt.

DENKMALZEIT ist bei wissenschaftspodcasts.de gelistet.

041 Das Referat EFA

Ehrenamtliche Bodendenkmalpfleger:innen und Interessent:innen bei der Absuche eines Areals bei Wiesenburg.
Foto: L. Goldmann, BLDAM

Am 01. Juli 2022 konnte das BLDAM ein neues Referat einrichten. „Ehrenamt – Forschung – Aufarbeitung“ (EFA). Zwei neu eingestellte Kollegen, Jens Greif als Referatsleiter und Lukas Goldmann als Mitarbeiter, bauen das neue Referat auf.

Im Referat EFA werden bestimmte Aufgaben, die bisher von Kolleg:innen des Referats Praktische Archäologie übernommen worden waren, gebündelt. Das E steht für den zentralen Ansprechpartner für die im Land tätigen, durch das BLDAM geschulten und berufenen ehrenamtlichen Bodendenkmalpfleger:innen. Lukas Goldmann ist mit dieser Aufgabe betraut. Das F steht für Nachforschungen (Geomagnetik, Forschungsgrabungen etc.), die nicht im Rahmen der üblichen Beteiligungsverfahren im Zuge von Baumaßnahmen stattfinden. Das A betrifft unter anderem die Vorgänge, die mit der Eingliederung des Referats Braunkohlenarchäologie in das Referat Großvorhaben zu tun haben.

Das Referat EFA kann nun einige Ideen verwirklichen, die bisher an der dünnen Personaldecke des BLDAM gescheitert waren. Die Arbeit der ehrenamtlichen Bodendenkmalpfleger:innen soll durch die Einrichtung einer neuen Seite im Webauftritt des BLDAM besser sichtbar werden. Das BLDAM unterhält verschiedene Informationskanäle, wie etwa diesen Podcast, aber auch die Websites des Landesamts für Denkmalpflege und des Archäologischen Landesmuseums, eine Seite, auf der alle Jahresfilme seit 2006 zu sehen sind, einen Youtube-Kanal und natürlich die übliche Informationsverbreitung per E-Mail. In der Zeitschrift Archäologie in Deutschland werden regelmäßig in der Rubrik Aktuelles aus der Landesarchäologie neue Funde aus Brandenburg publiziert. Unser Jahrbuch „Archäologie in Berlin und Brandenburg“ stellt im Jahresrythmus die wichtigsten Ausgrabungen und Forschungen vor. Das neue Schaufenster Landesarchäologie soll nun aktuelle Funde und Befunde, aber auch andere Neuigkeiten aus der Brandenburgischen Landesarchäologie in bebilderter, kurzer Form präsentieren.

Auch bei den Kursen für die Ehrenamtlichen ändern sich die Voraussetzungen mit der Übernahme der Organisation durch EFA. Die besonderen Herausforderungen nach dem coronabedingten Ausfall der Kurse – es ist ein großer „Rückstau“ entstanden – können nun besser bewältigt werden. Als Neuentwicklung wird demnächst eine App zur Erfassung von Funden und zur Abgabe von Fundmeldungen eingeführt, die einerseits die Arbeit der ehrenamtlichen Finder:innen, andererseits aber auch die Archivierung in unserem Haus erleichtern wird.

EFA wird nun bei den Forschungsprojekten eine führende Rolle in der Organisation übernehmen. Derzeit sind mehrere Projekte anhängig, wie etwa das DFG-geförderte Kooperationsprojekt mit der Universität Göttingen zur Erforschung der Siedlungskammer im Umfeld des spätbronzezeitlichen „Königsgrabes“ von Seddin in der Prignitz, die Kooperation mit der HTW Berlin zur geomagnetischen Untersuchung eines urgeschichtlichen Siedlungsplatzes bei Hönow oder der Kooperation mit dem Landesamt für Archäologie Sachsen zur Anfertigung hochauflösender 3D-Scans eines kleineren Fundinventars, das im vergangenen Sommer geborgen worden ist.

Dazu und zu weiteren Themen unterhalten sich in dieser Folge der Pressesprecher des BLDAM, Dr. Christof Krauskopf, mit Referatsleiter Jens Greif und dem Referenten für Ehrenamt Lukas Goldmann.

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039 Bast – Wolle – Lein. Fasern in der der Archäologie

Plakat der Sonderausstellung „Lein oder nicht Lein“. Gestaltung: www.otyp.de
Blick in den Sonderausstellungsraum des Archäologischen Landesmuseums mit Spinnrädern. © Lioba Kaluza, BLDAM
Spinnrocken in der Ausstellung im Archäologischen Landesmuseum. © Lioba Kaluza, BLDAM

Der Mensch und seine Umwelt stehen seit jeher in einer untrennbaren Verbindung. Er ist durch sie gefordert und gefährdet, gleichzeitig bietet sie ihm aber den Raum zum Leben. Mit Geschick und Intelligenz lernte der Mensch die Möglichkeiten seine Umwelt immer mehr zu nutzen. Die heutige Übernutzung der Natur bis hin zur Zerstörung unserer Lebensgrundlagen hat das Alte Testament mit der Formel „Macht Euch die Erde untertan …“ (Genesis 1,28) wohl nicht gemeint. Explizit war aber die Nutzung von tierischen Ressourcen im Blick. Der im nächsten Satz auch um die pflanzlichen Ressourcen geweitet wird: „Sehet da, ich habe Euch gegeben alle Pflanzen, die Samen bringen, zu Eurer Speise“. Um ihre Eigenschaften im Sinne des Menschen optimal nutzen zu können, wurden Pflanzen und Tiere einem Selektions- und Zuchtprozess unterzogen.

Lein ist eine wahre Wunderpflanze, denn nicht nur ihre Fasern lassen sich mannigfaltig einsetzen. Auch ihre ölhaltigen Samen sind seit jeher hochgeschätzt und fanden bereits in der Jungsteinzeit nachweislich Verwendung. Leinöl kam nicht nur zum Anreichern von Speisen oder zur Haltbarmachung von Lebensmitteln sondern auch in der Heilkunst zum Einsatz. Wie vielseitig verwendbar Leinöl ist, beweist das Linoleum, ein im 19. Jahrhundert entwickelter Belag, dessen wichtigster Grundstoff es ist. Ohne Leinöl gäbe es keine quietschenden Bodenbeläge unter unseren Füßen, keine farbenfrohen Linolschnittarbeiten im Kunstunterricht und auch die Pellkartoffeln mit Quark würden ohne es nur halb so gut schmecken. Die Sonderausstellung mit dem Titel „Lein oder nicht Lein“ widmet sich dieser Nutzpflanze in allen ihren Facetten.

Das Archäologische Landesmuseum Brandenburg präsentiert aber auch in der Dauerausstellung mit einem 10.000 Jahre alten Birkenrindegefäß, das mit Bast vernäht ist und dem wohl ältesten Netz der Menschheit besondere Artefakte.

In der Podcastfolge unterhalten sich Prof. Dr. Franz Schopper, der Direktor und Dr. Christof Krauskopf, der Pressesprecher des BLDAM über organische Funde aus Bast, Rinde und Lein.

Die Ausstellung „Lein oder nicht Lein“ ist noch bis zum 15.1.2023 im Archäologischen Landesmuseum Brandenburg zu sehen. Bitte beachten Sie zu weiteren Informationen und den Sonderführungen am 27.12.2022 und 7.1 2023 die Website des Museums.

038 Spendenaktion 2022 – Ausstattung der Dorfkirche Blumenow

Viel konnte in den vergangenen Jahren für die Bewahrung und Instandsetzung unserer brandenburgischen Dorfkirchen erreicht werden: Marode Dachstühle wurden repariert und Kirchendächer neu gedeckt, Fundamente trockengelegt, Fachwerkkonstruktionen saniert und Außenmauern neu verputzt. Oftmals jedoch reichen die vorhandenen Mittel nicht aus, auch das wertvolle Inventar zu sichern und zu restaurieren. Im Rahmen unserer jährlichen Spendenaktion „Vergessene Kunstwerke“ wird um Unterstützung für die Restaurierung wertvoller Ausstattungsstücke in der Dorfkirche Blumenow (Landkreis Oberhavel) gebeten.

Die Dorfkirche von Blumenow, Lkr. Oberhavel. © D. Busch, BLDAM

Die Blumenower Kirche, ein Feldsteinbau aus dem 13. Jahrhundert, birgt in ihrem Inneren eine reiche und interessante Ausstattung. Nur dem Umstand, dass man über längere Zeit und über unterschiedliche Epochen hinweg jedes Bauteil wertschätzte und wiederverwendete, ist es zu verdanken, dass dieses Ensemble bis heute erhalten blieb. In harmonischem Nebeneinander sind hier verschiedene Stilepochen von Spätgotik über Renaissance bis hin zum Spätbarock vereint. Der Erhaltungszustand der Ausstattung ist jedoch allgemein schlecht. Über die Jahre sind akute Schäden, wie Holz- und Bemalungsverluste und Fassungsabhebungen entstanden. Vor allem an Altaraufbau, Kanzel und Westempore müssen möglichst bald Erhaltungsmaßnahmen vorgenommen werden, sonst geht wertvolle Originalsubstanz unwiederbringlich verloren.

Der Altaraufbau im Stil der Renaissance zeigt die Trinität im Mittelfeld, ergänzt durch die vier Evangelisten und eine Kreuzigungsszene. Zwischen den Säulen waren Apostel und Heilige aufgestellt, man hatte dafür Skulpturen aus einem spätmittelalterlichen Schnitzaltar wiederverwendet. Zur Zeit des Barock wurden zeittypische bekrönende Vasen und Voluten hinzugefügt, auch die heute sichtbare Farbfassung geht auf diese Umgestaltung im 18. Jahrhundert zurück und ist seitdem nahezu unberührt geblieben.

Die vermissten Figuren aus der Dorfkirche Blumenow. © U. Schirmer, Sonntagsgrafik / BLDAM

Die Farbfassung des Altars ist durch Lockerungen und Abhebungen besonders gefährdet und muss dringend gefestigt und gereinigt werden. Zudem sind viele der geschnitzten Figuren beschädigt, die Taube als Symbol des Heiligen Geistes ging verloren und soll wieder ergänzt werden. Einige der umgebenden Engel trugen ursprünglich die Leidenswerkzeuge Christi, welche nicht erhalten sind. Die Strahlengloriole aus der Bekrönung ist nur noch provisorisch befestigt. Fast alle spätgotischen Skulpturen sind verschwunden, bis auf eine Figur der heiligen Margarethe mit dem Drachen. Wahrscheinlich wurden sie nach 1945 „sichergestellt“– aber wo? Die Hoffnung besteht, dass die fehlenden elf Figuren wiedergefunden werden und an ihren angestammten Platz zurückkehren können.

Die Westempore ist mit bemalten Brüstungsfeldern geschmückt: Paarweise angeordnete Bilder mit zugehörigen lateinischen Inschriften regen auf symbolisch rätselhafte Weise zur verweilenden Meditation über grundlegende christliche Glaubensinhalte an. Solche emblematischen Darstellungen waren überaus beliebt und wurden der Erbauungsliteratur entnommen; theologische Schriften befassten sich mit ihren Inhalten und boten Interpretationen an. Für den heutigen Betrachter sind die Darstellungen schwer zu deuten. Es ist noch nicht erforscht, welche gedruckten Vorlagen in Blumenow Verwendung fanden und wie sie zu verstehen sind. Mit der Reinigung der Malschicht und durch die Reduzierung der vergilbten Überzüge kann die Restaurierung hier ein erster Schritt sein, um den Bilderschatz an der Empore wieder zu entdecken.

Neben dem Altaraufbau zieht die große, massige Form des evangelischen Beichtstuhls die Aufmerksamkeit auf sich, der eine Einheit mit der Kanzel bildet. Der reich geschnitzte Kanzelkorb ist mit den Darstellungen der vier Evangelisten in gemalten Bildern geschmückt, außerdem mit Engelchen in qualitätvoller Malerei. Der Kanzeldeckel wurde im Spätbarock gefertigt und trägt bekrönend die Gesetzestafeln auf von einem Flammenkranz umgebenen Wolken. Hier haben sich an vielen Stellen Farbschichtlockerungen gebildet, die gefestigt werden müssen. Die Oberflächen sind verschmutzt und sollen fachgerecht gereinigt werden. Das schließt auch die Abnahme von vergilbten Überzügen mit ein.

Postkarte zur Spendenaktion 2022: Die Ausstattung der Dorfkirche Blumenow. © U. Schirmer, Sonntagsgrafik / BLDAM

Helfen Sie mit Ihrer Spende, diese wunderbaren Kunstwerke für die Nachwelt zu bewahren!

Ihre Spende
Förderkreis Alte Kirchen Berlin-Brandenburg e.V.
IBAN: DE94 5206 0410 0003 9113 90
BIC: GENODEF1EK1 (Evangelische Bank)
Stichwort: Blumenow

Kontakt
Förderkreis Alte Kirchen Berlin-Brandenburg e.V.,
Tel.: 030-4493051, Mail: altekirchen.janowski@t-online.de, www.altekirchen.de

Eine gemeinsame Aktion des Brandenburgischen Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologischen Landesmuseums, der Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz und dem Förderkreis Alte Kirchen Berlin-Brandenburg e.V.

037 Die Ostmoderne und die Denkmalpflege

Der „Aktivist“ in Eisenhüttenstadt. © Thomas Drachenberg, BLDAM, 2011

Die Ostmoderne ist derzeit in aller Munde. Doch was ist eigentlich ostmodern? Und was haben wir davon in Brandenburg zu bieten? Was gibt es da zu entdecken und wie gehen wir als Denkmalpfleger*innen damit um?

Zu diesen und weiteren Themen rund um die Ostmoderne und die Herausforderungen der Denkmalpflege spricht in der Podcastfolge die Pressesprecherin des BLDAM, Julia Gerber, mit dem Landeskonservator Prof. Dr. Thomas Drachenberg.

Mit der Ostmoderne ist eigentlich die Nachkriegsmoderne in den Staaten des ehemaligen Ostblocks gemeint. Sind also alle Bauwerke, die dort bis zur Wende 1989 entstanden sind, ostmodern?

Der „Aktivist“ in Eisenhüttenstadt in neuer Nutzung. © Thomas Drachenberg, BLDAM, 2011

Nach der Überwindung des traditionalistischen Formenapparates der „Nationalen Tradition“ in der Stalinzeit entstand seit den frühen 1960er Jahren mehr Offenheit für moderne Formen und Konstruktionen. Industrialisierung und Fortschritt wurden in der DDR stärker betont. Der Plattenbau ermöglichte aber auch die Industrialisierung des Wohnungsbaus, mit der dem eklatanten Wohnungsmangel begegnet werden sollte. Aber nicht nur Plattenbauten sind „ostmodern“, auch kühne Konstruktionen wie die Hyparschale von Ulrich Müther in Templin und weitere exzeptionelle Bauten zählen dazu. Die Großgaststätte „Aktivist“ in Eisenhüttenstadt repräsentiert schon allein wegen ihrer schieren Größe eine heute schwer zu nutzende und deshalb eher gefährdete Architektur – eine Gaststätte für mehrere hundert Gäste kann dort heute kaum wirtschaftlich betrieben werden. Die Erhaltung und Umnutzung kann vor diesem Hintergrund als besondere Erfolgsgeschichte angesehen werden. In den 1980er Jahren entstanden dann Bauten, die an gewachsene Strukturen angepasst sein sollten, wie etwa in Bernau, wo ein „Altstadtplattenbau“ von 1984/85 das derzeit noch jüngste Gebäude in der brandenburgischen Denkmalliste ist.

Schwedt, Berliner Str. 52, Wandmosaik „Der Mensch erobert das Weltall“, 1967, von Erich Enge.
© Dirk Schermer, BLDAM, 2021

Bei der Beschäftigung mit der Ostmoderne ist aber nicht nur die Architektur selbst zu betrachten. Bis Ende 2022 erfasst das Brandenburgische Landesamt für Denkmalpflege baubezogene Kunst in den ehemaligen DDR-Bezirkshauptstädten Frankfurt an der Oder und Cottbus. Finanziert wird das Projekt durch die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. Am Industriestandort Eisenhüttenstadt läuft ebenfalls die flächendeckende Erfassung. In Schwedt wurde sie 2021 bereits abgeschlossen. Etwa 70 Objekte konnten hier dokumentiert werden, vom Wandmosaik „Der Mensch erobert das Weltall“ bis hin zu einer Betonstrukturmauer und zu Wohngruppenzeichen in großen Siedlungsanlagen.

Marie-Curie-Straße 1, Wohngruppenzeichen „Friedliche Anwendung der Atomkraft“, 1976, von Rudolf Grunemann. © Dirk Schermer, BLDAM, 2021

035 Chorin, Schinkel und die Denkmalpflege

Kloster Chorin. Östlich der Apsis sind Ausgrabungsarbeiten im Zuge des Wegebaus zu sehen (2018). Foto: K. Schmahlfeldt, BLDAM

Das Kloster Chorin ist eines der wichtigsten Denkmale im Land Brandenburg. In den Jahren 2022 und 2023 feiert es die 750. Wiederkehr seiner Gründung. Dass es heute noch erhalten ist, geht auch auf die Initiative des preußischen Architekten und Staatsbeamten Karl Friedrich Schinkel (1781-1841) zurück. Er hatte das Kloster „wiederentdeckt“ und die ersten Anstöße für seine Erhaltung und Restaurierung gegeben. Als Schweinezuchtbetrieb erlebte er die Anlage bei seinem ersten Besuch. Um die Erhaltung von Denkmalen und besonders auch des Klosters Chorin bemüht, verfasste er zahlreiche Gutachten und Texte. Bereits 1815 formulierte er ein Memorandum, das grundlegende Gedanken zur Einrichtung einer staatlichen Denkmalpflege enthielt. Unter anderem forderte er die Einführung einer Denkmalliste:

„Um nun zuförderst erst zur Kenntniß des vorhandenen zu kommen, würde, nachdem die Organistaion der nöthigen Schutzdeputationen vollendet ist, deren erstes Geschäft sein: Verzeichnisse alles dessen anzufertigen, was sich in ihrem Bezirk vorfindet, und diese Verzeichnisse mit einem Gutachten über den Zustand der Gegenstände und über die Art, wie man sie erhalten könne, zu begleiten.“

Hinsichtlich des Klosters Chorin sandte Schinkel am 8. Januar 1817 an die Generalverwaltung des preußischen Finanzministeriums eine Stellungnahme zum Zustand der Klostergebäude mit der konkreten Forderung der Erhaltung. In der Podcast-Folge kommt er selbst zu Wort.

Titelseite des Mosaik-Bandes zu
Schinkel und Chorin. © Mosaik-Verlag Berlin

Nahegebracht wird uns die Geschichte des Klosters und auch die von Karl Friedrich Schinkel im Kult-Comic Mosaik. Die vielen Menschen bekannten Abrafaxe besuchen den Architekten und unterstützen seine Arbeit, auch in Bezug auf Chorin – eine lohnende Lektüre, nicht nur für Comic-Fans. Leider ist das Heft bereits vergriffen, es kann aber über die Internetseite des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz als pdf heruntergeladen werden.

Karl Friedrich Schinkel und die Schweine
in Chorin im Comic-Heft. © Mosaik-Verlag Berlin

In den Jubiläumsjahren 2022 und 2023 finden zahlreiche Veranstaltungen im Kloster Chorin statt, über die Sie sich auf der Internetseite www.kloster-chorin.org informieren können.

Sprecher:
Christof Krauskopf
Thomas Drachenberg

034 Ritter – Minne – Tafelfreuden

Blick in den Klostergarten während der Archäotechnica 2022. Foto: Susann Stein

Am 20. und 21. August 2022 fand im Archäologischen Landesmuseum in Brandenburg an der Havel die Archäotechnica statt. Unter dem Motto „Ritter – Minne – Tafelfreuden“ präsentierten Darsteller*innen, Fachleute und Living History-Gruppen viele Aspekte des Lebens der mittelalterlichen Eliten. Warum aber bringen wir zwei Podcast-Folgen zur Archäotechnica hintereinander? Die letzte Folge sollte Menschen ins Museum locken, mit dieser Folge bieten wir die Gelegenheit, zumindest mit den Ohren in die Veranstaltung einzutauchen. Zu Wort kommen Darsteller*innen und Expert*innen über ihre Forschungen und Arbeiten, aber auch Besucher*innen.

Arne Koets beim Kampf zu Pferd. Foto: Susann Stein

Im Klosterhof erzählt Arne Koets über seine Vorführung des ritterlichen Kampfs zu Pferd und über Ausbildung und Zucht mittelalterlicher Kriegspferde in der Mitte des 15. Jahrhunderts. Dann gesellen wir uns zu Brüdern des Deutschen Ritterordens der Zeit um 1410, die sich auf den Weg nach Tannenberg (Grunwald, Polen) machen. Sie berichten über die Schlacht bei Grunwald und das Leben der Ordensbrüder.

Die in der letzten Folge gestellte Frage nach dem Sarwürken konnte am Stand des Archäotechnischen Zentrums Welzow beantwortet werden. Der Sarwürker arbeitete an einem Kettenhemd.

Im Kreuzgang des Pauliklosters zeigte Dr. Katrin Kania (pallia – Mittelalter hautnah) zahlreiche Aspekte mittelalterlicher Kleidung und deren Rekonstruktion. Die Interessengemeinschaft WOLF, eine internationale Living History-Gruppe mit Sitz in Frankfurt am Main, hat sich dem Leben des ausgehenden 12. Jahrhunderts verschrieben. Indra Starke-Ottich spricht über die Tätigkeit der Gruppe und die Herstellung der sehr akribisch auf der Basis von Originalstücken und bildlichen Darstellungen hergestellten Repliken, mit denen Leben und Arbeiten der mittelalterlichen Menschen präsentiert werden.

Ein hoher Herr der IG Wolf erweist die
Gunst einer Audienz. Foto: C. Krauskopf, BLDAM

Im westlichen Kreuzgangflügel kamen drei Forschungsthemen zur Sprache. Dr. Bettina Jungklaus stellte anhand einer Kollektion von menschlichen Schädeln die Grundlagen anthropologischer Forschung dar. Dr. Christof Krauskopf vom BLDAM führte in grundlegende Aspekte der Erforschung des mittelalterlichen Adels und des Burgenbaus ein. Dr. Ludwig Biewer vom Herold e.V. erkkärte die Grundlagen der mittelalterlichen Heraldik. In der Podcast-Folge spricht er über Geschichte und Arbeitsfelder des Vereins, der sich seit 1869 mit den Themen Heraldik, Siegelkunde, Wappenkunde und anderen Feldern der historischen Hilfswissenschaften beschäftigt.

In der Podcast-Folge kommen aber nicht nur die Darsteller*innen und Expert*innen zu Wort, auch Besucherinnen, vor allem die Jüngeren, und Nachbarn des Museums beschreiben ihre Einrücke von der Veranstaltung.

Martin Uhlig und Robert Schuchhardt von
Nimmersêlich erläutern mittelalterliche Musik.
Foto: C. Krauskopf, BLDAM

Im Friedgarten führte das Musikensemble „Nimmersêlich“ aus Leipzig zwei Programme zur mittelalterlichen Musik auf. Robert Schuchardt und Martin Uhlig erklärten in zwei Gesprächskonzerten, was Minnesang eigentlich ist und wie der „verlorene Klang“ des Mittelalters rekonstruiert werden kann. Mit Fidel, Drehleier, Laute, Quinterne, Glockenspiel, Trommel und Gesang brachten sie zahlreiche Musikbeispiele des Mittelalters zu Gehör. In der Podcast-Folge sprechen sie über die Aktivitäten des Ensembles.

Geboten war natürlich noch mehr, im Podcast können nicht alle Gruppen zu Wort kommen. Die Folge mag aber einen Eindruck von der sehr gut besuchten Veranstaltung geben, bei der das Café Pauline im Landesmuseum für das leibliche Wohl der Besucher*innen sorgte – nicht nur, aber nicht zuletzt mit den hervorragenden Kuchen und Torten, für die das „Pauline“ in der Stadt bekannt und beliebt ist. Vielleicht macht die Podcast-Folge ja Lust auf einen Besuch im Museum oder bei einer der Veranstaltungen! Sie können das Programm auf der Website des Museums (www.landesmuseum-brandenburg.de) abrufen – und vergessen Sie bei einem Besuch das Café nicht.

Darsteller*innen, Gruppen und Expert*innen bei der Archäotechnica 2022:

Arne Koets http://arnekoets.nl/

IG Wolf e.V. http://www.igwolf.de/

3. Rabenbanner e.V. http://rabenbanner.siteboard.eu/

Kurfürstlich Sächsische Kriegsknechte 1475 https://www.facebook.com/KSK1475/

Dr. Katrin Kania pallia – Mittelalter hautnah https://www.pallia.net/

Dr. Ludwig Biewer, Herold e.V. https://herold-verein.de/

Geschichtsfenster Andrej Pfeiffer-Perkuhn http://www.geschichtsfenster.de/startseite/ueber-uns/

Nimmerselich – Musik des Mittelalters und der frühen Renaissance www.nimmerselich.de

Dr. Bettina Jungklaus https://anthropologie-jungklaus.de/

Lisa Kyre https://www.kleine-akademie.de/

ATZ Welzow https://www.atz-welzow.de/

030 Keltisches Gold bei den Europäischen Archäologietagen

Der Fund keltischer Goldmünzen im Land Brandenburg ist eine der wichtigsten und spannendsten Entdeckungen der letzten Jahre.

Eine Auswahl der keltischen Münzen aus Baitz. Foto: M. Pilekić

Der Fund keltischer Goldmünzen im Land Brandenburg ist eine der wichtigsten und spannendsten Entdeckungen der letzten Jahre. Im Dezember des letzten Jahres konnten die Münzen der Öffentlichkeit präsentiert werden – nachdem der Fundplatz über mehrere Jahre immer wieder begangen worden war. So stellte die Landesarchäologie sicher, dass am Fundplatz keine Exemplare mehr zu finden sind, die dann in unberufene Hände gelangen könnten.

Der Finder, Wolfgang Herkt, war in jeglichem Sinne „berechtigt“, einen solchen Fund zu machen. Er ist ehrenamtlicher Bodendenkmalpfleger der Landesarchäologie und erfahrener Detektorgänger. Nach der Vorstellung, die ein reges Presse- und Medienecho hervorgerufen hatte, verschwanden die Münzen zunächst wieder im Tresor. In Zeiten der Pandemie sollte keine Sonderausstellung stattfinden.

Die brandenburgische Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur, Dr. Manja Schüle, und der ehrenamtliche Bodendenkmalpfleger Wolfgang Herkt enthüllen am 8.6.2022 die Vitrine mit den Goldmünzen. Foto: M. Schneider, BLDAM

Nach der Beruhigung der Pandemielage wird nun die Ausstellung der Münzen nachgeholt. Rechtzeitig vor den Europäischen Archäologietagen zeigt das Archäologische Landesmuseum Brandenburg (ALB) die Münzen im vom Zeithorizont passenden Ausstellungsraum, der sich mit der Besiedlungsgeschichte der „Germanen“ beschäftigt. Die Münzen sind dort im Kontext anderer keltischer Importstücke der Dauerausstellung bis zum 3.7.2022 zu bestaunen – danach werden sie zu Forschungszwecken zunächst nicht mehr zu sehen. Erst im Jahr 2025 ist eine größere Ausstellung zu keltischen Funden in Brandenburg geplant, bei der auch die Goldmünzen wieder gezeigt werden.

Im Podcast beschreibt der Landesarchäologe Prof. Dr. Franz Schopper die Besonderheit des Fundes. Die brandenburgische Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur, Dr. Manja Schüle, stellt die Bedeutung der Münzen für das Land Brandenburg und die Landesarchäologie dar und der Finder Wolfgang Herkt spricht über seine Gedanken zu seinem spektakulären Fund.

Wolfgang Herkt betrachtet „seinen“ Fund. Foto: M. Schneider, BLDAM

Die Europäischen Archäologietage vom 17. bis zum 19. Juni würdigen in Brandenburg den besonderen Fund mit Führungen und Veranstaltungen. Fatima Wolgast vom ALB kündigt im Podcast die Veranstaltungen an. Weitere Informationen finden Sie auf den Websites des Landesmuseums und der Europäischen Archäologietage.

www.landesmuseum-brandenburg.de

https://journees-archeologie.fr/c-2022/lg-de/Deutschland/Die-Archaologietage-in-Europa

027 Originalsubstanz in der Bau- und Kunstdenkmalpflege

Quaderritzungen an der Dorfkirche von Stegelitz, Lkr. Uckermark. Foto: C. Krauskopf, BLDAM

„Ohne Originalsubstanz gibt es keine Denkmalpflege. Da, wo nichts mehr ist, da ist auch keine Denkmalpflege mehr. Da wo etwas aus dem Nichts neu entsteht und so tut, als ob es alt ist, da ist keine Denkmalpflege.“

Erhaltene Originalsubstanz ist für die Frag, ob ein Gebäude Denkmalwert besitzt, von entscheidender Bedeutung. Die Denkmalpflege hat die Aufgabe, erhaltene Originalsubstanz zu entdecken, zu bewerten und zu bewahren. Bei diesem Vorgang spielen jedoch viele Aspekte eine Rolle, es bestehen unterschiedliche Interessenlagen, die zu berücksichtigen sind. Die Denkmalpflege kann nicht um jeden Preis jegliche Originalsubstanz für immer erhalten. Das gelingt schon alleine vor dem Hintergrund der vielen Zeitschichten nicht, die sich an einem Gebäude oder auch einem Kunstwerk oder bei einem Gartendenkmal finden.

Über die Bedeutung der Originalsubstanz und über den Umgang mit ihr in der Denkmalpflege unterhalten sich in dieser Folge Prof. Dr. Thomas Drachenberg und Dr. Christof Krauskopf.

026 Forschungstagung der brandenburgischen Landesarchäologie

Im Jahr 2022 kann das BLDAM wieder die jährliche Forschungstagung der brandenburgischen Landesarchäologie veranstalten – nach zwei Jahren pandemiebedingter Pause. Spannende Vorträge zu Forschungen von der Steinzeit bis in die Neuzeit werden in diesem Jahr online präsentiert. Über die Auswirkungen der Pandemie auf das BLDAM und die am 17. und 18.2. stattfindende Tagungen unterhalten sich Prof. Dr. Franz Schopper und
Dr. Christof Krauskopf.

Der Zugang zu den Vorträgen erfolgt über Youtube, mit dem Suchbegriff „Forschungstagung BLDAM“ ist der Livestream leicht zu finden.