051 70 Jahre Museum für Ur- und Frühgeschichte Potsdam

Das Museum für Ur- und Frühgeschichte Potsdam (MUFP) hatte in diesem Jahr 70jähriges Gründungsjubiläum. Unter dieser Bezeichnung existiert es zwar nicht mehr, es ist aber die Vorgängerinstitution des Archäologischen Landesmuseums Brandenburg (ALB). Die archäologische Sammlung des Brandenburgischen Landesamts für Denkmalpflege, zu dem das ALB heute gehört, geht auf die Sammlung des MUFP zurück.

Seit 1953 betrieb das MUFP in erster Linie die archäologische Denkmalpflege in drei Bezirken der DDR: Potsdam, Frankfurt (Oder) und Cottbus. In der DDR hatte man die ursprünglichen Länder aufgelöst und eine Bezirksgliederung eingeführt. Die drei Bezirke entsprachen jedoch in etwa dem Land Brandenburg.

Erster Dienstsitz des Museums
im Garagenhaus des „Neuen
Gartens“ in Potsdam und erster
Dienstwagen (rechts). Foto: Archiv BLDAM

Einen Museumsbetrieb gab es anfänglich noch nicht. Das war bereits aus räumlicher Sicht nicht möglich. Die erste Direktorin, Dr. Sieglind Kramer, saß mit einer Mitarbeiterin, der Sekretärin Charlotte Schulz, in zwei Büros. Nicht einmal einen eigenen Haushalt gab es in der Anfangszeit. Nach und nach kamen weitere Mitarbeiter*innen dazu, mittlerweile im sogenannten Garagenhaus am Neuen Garten in Potsdam. Die Tätigkeit beschränkte sich weiterhin auf die Denkmalpflege.

Umschlag des ersten Bandes der „Veröffentlichungen des Museums für Ur- und Frühgeschichte Potsdam“ von 1962

Eine Dauerausstellung wurde erst möglich, nachdem man 1963 Schloss Babelsberg in Potsdam bezogen hatte. Das Schloss mit seinen 45 Räumen wurde nach und nach „gefüllt“, zuletzt saß man erneut beengt mit 55 Mitarbeiter*innen in der neogotischen, hinsichtlich der internen Kommunikationswege schwierigen Architektur.

Schloss Babelsberg, seit 1963 Dienstsitz des Museums für Ur- und Frühgeschichte Potsdam. Foto: D. Sommer, BLDAM

Nach der Wiedervereinigung musste, nach organisatorischen Umstrukturierungen, zuerst die Dauerausstellung aus baulichen Gründen geschlossen werden. Die denkmalpflegerische Arbeit ging auf der Basis eines neuen Denkmalschutzgesetzes und mit neuer Leitung weiter. Der Nachfolger von Sieglind Kramer war seit 1965 Dr. Bernhard Gramsch gewesen. Er wechselte auf den Posten eines Referatsleiters, neuer Direktor und Landesarchäologe wurde Prof. Dr. Jürgen Kunow.

Blick in die Dauerausstellung in Schloss Babelsberg. Foto: D. Sommer, BLDAM

Es sollte bis zum Jahr 2008 dauern, bevor eine neue Dauerausstellung eröffnet werden konnte. Zwischenzeitlich war Prof. Kunow nach Nordrhein-Westfalen gewechselt und an seine Stelle, als Landesarchäologe und stellvertretender Direktor des 1999 entstandenen Landesamts für Denkmalpflege und archäologischen Landesmsuems, war 2004 Prof. Dr. Franz Schopper gerückt. Ihm kam die Aufgabe zu, das bereits in Planung befindliche Archäologische Landesmuseum im Dominikanerkloster in Brandenburg an der Havel einzurichten. Gleichzeitig trat 2004 ein geändertes Denkmalschutzgesetz in Kraft, das die Arbeit der Fachbehörde, besonders hinsichtlich der archäologischen Arbeit, änderte, während der Personalbestand seit dem Jahr 2000 kontinuierlich sank.

Das Archäologische Landesmuseum im Dominikanerkloster in Brandenburg an der Havel. Foto: C. Krauskopf, BLDAM

Im Jahr 2011 übernahm Prof. Schopper den Posten des Direktors und seit einigen Jahren erholt sich der Personalbestand, so dass einige Bereiche, etwa die Betreuung der ehrenamtlichen Bodendenkmalpflege und auch der Forschung, personell besser bedient werden können.

Über die 70jährige Geschichte der archäologischen Denkmalpflege und des Museums, die Entwicklung seit 1990, den derzeitigen Stand und die Zukunftsaussichten unterhält sich in dieser Folge der DENKMALZEIT Dr. Christof Krauskopf mit Dr. Bernhard Gramsch und Prof. Dr. Franz Schopper.

Weiterführende Links

Informationen zu Dr. Sieglind Kramer.

Liste der „Vertrauensmänner für kulturgeschichtliche Bodenaltertümer“ und Landesarchäologen auf wikipedia.

Archäologisches Landesmuseum Brandenburg

Aufgaben des Brandenburgische Landesamts für Denkmalpflege und Archäologischen Landesmuseums

Weiterführende Literatur

Sieglind Kramer: Die Entwicklung der Bodendenkmalpflege in Brandenburg. In: Veröffentlichungen des Museums für Ur- und Frühgeschichte Potsdam 1, 1962, 5-15.

Horst Geisler: Sieglind Kramer 13.9.1914-12.1.1965. In: Veröffentlichungen des Museums für Ur- und Frühgeschichte Potsdam 3, 1964, 198-199.

Jürgen Kunow: Das Brandenburgische Landesmuseum für Ur- und Frühgeschichte. In: Nicht nur Sand und Scherben … Archäologische Entdeckungen im Land Brandenburg von der Steinzeit bis zum Mittelalter. Potsdam 1994, 16-18.

Thomas Kersting/Franz Schopper: Die Brandenburger Landesarchäologie. Zukunft für Vergangenheit. In: Die Mark Brandenburg. Zeitschrift für die Mark und das Land Brandenburg 107: Archäologie in der Mark. Berlin 2017, 2-11.

046 Das Dorf des Mittelalters

Blick in die Dorfwüstung Hohenrode im Harz. Foto: C. Krauskopf

Die Erforschung mittelalterlicher Dörfer ist ganz besonders hinsichtlich der Realien eine Herausforderung. Die Schriftquellen schweigen sich nicht komplett über die Verhältnisse im Dorf aus. Allerdings muss immer bedacht werden, dass die Schriftkundigen in der Regel nicht aus dem Kreis der Dorfbewohner*innen kamen, sondern Kleriker, seltener Adlige waren. Und diese schilderten die Landbevölkerung häufig nicht positiv, die Texte zeichnen aber auch nicht unbedingt realistische Bilder. „Gott hat drei Lebensweisen geschaffen: Bauern, Adelige und Pfaffen.“ So beschreibt der Spruchdichter Freidank im 13. Jahrhundert die Ständeaufteilung. Eine französische Buchminiatur aus dem 13. Jahrhundert, die heute in der British Library in London aufbewahrt wird, zeigt den Platz des Bauern deutlich: Der Kleriker ganz links im Bild und der zentral stehende Adlige mit Schild, Kettenpanzer, Waffenrock und Topfhelm scheinen einander zugewandt in ein Gespräch vertieft zu sein. Sie stehen gleichberechtigt, während der Bauer, kenntlich an seinem braunen Gewand und dem eisenbeschlagenen Spaten am rechten Rand hinter den beiden steht und den beiden zusieht. Seine Positionierung hinterlässt den Eindruck, dass er nicht so recht dazugehört.

Spott über den Bauern war bei den Eliten dementsprechend weit verbreitet.

Herr Neidhart von Reuental wird von Bauern bedrängt. Codex Manesse, Universitätsbibliothek Heidelberg, Cod. Pal. germ. 848, fol. 273r

„Sah man je einen Bauern so fröhlich-toll wie diesen Kerl da?
Weiß Gott! An der Spitze muß er stets bei meinem Reigen sein.
Einen Gürtel wie zwei Hände breit hat sein Schwert.
Eingebildet ist er mächtig auf die neue Joppe.
Aus vierundzwanzig kleinen Stücken besteht sie.
Die Ärmel reichen bis auf die Hand.
Ein Stück wie dieses kann man nur an solchem Hanswurst finden.“

Das mit dem Titel „Das guldin hun“, also das goldene Huhn, überschriebene Lied des Dichters Neidhart von Reuental findet sich in der Riedschen Handschrift, die um 1400 in Nürnberg entstanden ist. Heute wird sie in der Staatsbibliothek zu Berlin aufbewahrt, sie ist komplett digitalisiert und kann im Internet angeschaut werden.

Neidhart charakterisiert die Bauern als anmaßend, sie kleiden und bewaffnen sich so, wie es ihnen nicht geziemt. Eine realistische Schilderung des Alltagslebens hatten die Autoren dieser Texte jedoch nicht im Sinn.

Mittelalterliche Bildquellen lassen da etwas deutlicher Aspekte des Landlebens erkennen. Sie wurden zwar auch nicht geschaffen, um über das Alltagsleben Auskunft zu geben, Kleidung, Werkzeuge und auch Tätigkeiten lassen sich aber aus den Bildern herauslesen. Trotzdem ist es schwierig, aus Schrift- und Bildquellen Informationen zum Leben im Dorf herauszuziehen. Es gibt jedoch weitere Möglichkeiten, mehr zu erfahren: Mit Hilfe archäologischer Methodik.

Rekonstruktion des Angerdorfes Horno in der Niederlausitz (Brandenburg) im Mittelalter. Zeichnung: B. Fischer

An der archäologischen Erforschung des mittelalterlichen Dorfes sind unterschiedliche Akteure beteiligt. Neben Universitäten sind das vor allem die Landesämter für Denkmalpflege, die großflächige Ausgrabungen selbst vornehmen oder im Rahmen des Denkmalschutzes organisieren.

So konnten in den Braunkohletagebauen in den ostdeutschen Bundesländern in den letzten Jahrzehnten einige Dörfer großflächig untersucht werden, wie etwa Breunsdorf (Sachsen), Wolkenberg, Horno und Klein Görigk (alle Brandenburg). Mit dem im Rahmen der Errichtung des Flughafens BER ausgegrabenen Diepensee und den erwähnten abgebaggerten Orten im Braunkohlengebiet entstand in Brandenburg ein Forschungsschwerpunkt, der in zwei von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekten mündete (Der hochmittelalterliche Landesausbau und die Entwicklung der Siedlungsstrukturen in Brandenburg, Untersuchungen zu Lebensbedingungen, Siedlungsdynamik und menschlicher Ernährungsweise in mittelalterlichen ländlichen Siedlungen in Brandenburg).

Luftbild des bereits weitgehend ausgegrabenen Dorfes Wolkenberg kurz vor der Abbaggerung. Foto: G. Wetzel, BLDAM

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Bestattung in Kopfnischengrab. Diepensee (Brandenburg). Foto: A. Marx, BLDAM

Die Dorfwüstung Diepensee spielte im erstgenannten Forcshungsprojekt eine zentrale Rolle. Dazu ist bereits eine Dissertation im Druck erschienen, eine weitere befindet sich in der Druckvorbereitung (s.u.). Das mittelalterliche Dorf konnte nahezu komplett ausgegraben werden. Eine besondere Bedeutung erhält es durch die Bergung des gesamten Dorffriedhofs mit etwa 400 Gräbern, die von der Dorfgründung um 1200 bis zur Auflassung im 14. Jahrhundert angleget worden waren. Durch naturwissenschaftliche Untersuchungen konnte die Herkunft der Erstsiedler aus Flamen nachgewiesen werden.

Keramikgefäß, in einem Keller der
Wüstung Diepensee zurückgelassen.
Foto: Marx/J. Stark, BLDAM

In der Podcast-Folge unterhalten sich die Mittelalterarchäologen Dr. Christof Krauskopf und Dr. Joachim Wacker mit dem brandenburgischen Landesarchäologen Prof. Dr. Franz Schopper über die archäologische Dorfforschung in Brandenburg.

Gespräch: Dr. Christof Krauskopf, Prof. Dr. Franz Schopper, Dr. Joachim Wacker (in order of appearance)
Zitate: Daniela Moos

Erwähnte Publikationen:

Blandine Wittkopp: Die archäologischen Befunde der mittelalterlichen Wüstung Diepensee (in Druckvorbereitung für FALB)

043 Liegend, gehockt, stehend – die mittelsteinzeitlichen Gräber von Groß Fredenwalde

Ausgrabungsarbeiten auf dem Weinberg bei Groß Fredenwalde in der Uckermark.
Foto: T. Schenk, HTW Berlin

Auf dem Weinberg bei Groß Fredenwalde in der Uckermark liegt einer der bedeutendsten Fundplätze Deutschlands. Der kalkhaltige Boden ermöglicht hier die Erhaltung von menschlichen Knochen aus der mittleren Steinzeit, die bis zu 6400 Jahre alt sind. In der Podcast-Folge spricht der Pressesorecher des BLDAM, Dr. Christof Krauskopf, mit dem Fachreferenten für alt- und mittelsteinzeitliche Archäologie, Andreas Kotula.

Die Holzkiste mit einem im Block geborgenen Grab wird abtransportiert. Foto: D. Fugger

Die ersten Gräber auf dem Weinberg waren im Jahr 1962 bei Bauarbeiten 1962 zutage gekommen. In den 1990er Jahren konnte dieser Befund in das 7. Jahrtausend calBC datiert werden, und seit dem Jahr 2012 ist es gelungen, weitere Beigaben und Menschenreste aus der alten Grabungsfläche zu bergen. Bisher liegen die Überreste von zwölf Individuen aus mindestens acht Bestattungen vor.

Bestattung in einem geborgenen Block nach der Freilegung in der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin. Foto: Alexander Rentsch

Neben einer Kleinkindbestattung konnte das Grab eines etwa 25jährigen Mannes freigelegt werden. Dessen Grabgrube war in eine weitere Kinderbestattung eingetieft worden und hatte diese weitgehend gestört. Der Mann war vermutlich in aufrechter Position beigesetzt und sein Grab erst nach dem Zerfall des Leichnams endgültig verschlossen worden. Über dem Grab wurde abschließend ein Feuer entzündet. Die Datierung der Gräber reicht von ca. 6.400 bis 4.900 calBC mit einer zeitlichen Lücke im 6. Jahrtausend. Damit liegen Bestattungen aus der Zeit vor und nach der Etablierung der ersten Bauern in der Uckermark vor – die Person in der jüngsten Bestattung war also mit großer Sicherheit in Kontakt mit frühen Bauern gewesen. Die Skelettreste bieten sehr gute Voraussetzungen für naturwissenschaftliche Untersuchungen. Im Rahmen des Projektes sollen die vorliegenden Funde detailliert ausgewertet werden, um die Lebensverhältnisse der späten Jäger-Sammler vor und nach dem Beginn der Linienbandkeramik in Nordostdeutschland zu rekonstruieren. Der Fundplatz Groß Fredenwalde wird damit einen herausragenden Beitrag zur Erforschung der Phase der Neolithisierung in Mitteleuropa leisten.

Die Arbeiten auf dem Weinberg in Groß Fredenwalde finden im Rahmen eines groß angelegten Forschungsprojektes statt, das der Frage nach dem Übergang von der Mittelsteinzeit mit ihren Jäger-Sammler-Kulturen zur Jungsteinzeit mit Ackerbau und Viehzucht nachgeht. Das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Projekt findet als Kooperationsprojekt der Universität Kiel (Prof. Dr. Henny Piezonka), der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (Prof. Dr. Thomas Schenk), dem Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege (Prof. Dr. Thomas Terberger), der Anthropologin Dr. Bettina Jungklaus und dem BLDAM (Prof. Dr. Franz Schopper, Andreas Kotula) statt.

DENKMALZEIT ist bei wissenschaftspodcasts.de gelistet.

040 Viel zu jung? Denkmale der 1960er bis 1990er Jahre

Bernau, Brandenburg. Wohnblock in Ecklage zwischen Brüder- und Parkstraße von Wilfried Stallknecht und Kollektiv, 1979-89. Foto: A. Jeserigk, BLDAM

Die Erfassung junger Denkmale zählt zu den wichtigen aktuellen Aufgaben der Landesdenkmalämter. 2020 lenkte die Vereinigung der Denkmalfachämter in den Ländern (VDL) durch Ihr Projekt „wohnen 60 70 80. Junge Denkmale in Deutschland“ die Aufmerksamkeit auf die in Deutschland als Denkmale erfassten Wohngebäude und Siedlungen der Nachkriegs- und Postmoderne.

Auf einer breiten Materialbasis hatte die Arbeitsgruppe Inventarisation zahlreiche eindrucksvolle Gebäude der 1960er, 1970er und 1980er Jahre, darunter Einfamilienhäuser, Siedlungen, Hochhäuser und Experimentalbauten neu in die Forschungsdiskussion eingebracht.

Die in der Wanderausstellung samt Infozeitung und einem Buch vorgestellten Gebäude erzählen anschaulich die Geschichte des Bauens und Wohnens in der jungen Bundesrepublik und der DDR.

Angesichts der aktuellen Umbauwelle rückt das Projekt eine Architekturepoche in den Fokus, deren Denkmalqualität noch nicht selbstverständlich akzeptiert ist.

Mit drei Leseinseln für die Besucher, die mit zeittypischem Mobiliar des jeweiligen Jahrzehnts ausgestattet sind, wird das Feeling für die 1960er, 1970er und 1980er Jahre live transportiert.

Zwei Filme veranschaulichen den Inhalt. An den Leseinseln liegt eine kostenlose Infozeitung zum Mitnehmen aus, die sich mit leicht verständlichen Texten und mit zahlreichen Fotos an Leser*innen jenseits des Expertentums wendet.

AUSSTELLUNG VERLÄNGERT!

Bis zum 16.4.2023 ist die Ausstellung noch im Archäologischen Landesmuseum Brandenburg zu sehen. Im Lauf des Jahres wandert sie an verschiedene Orte, geplant sind Saarbrücken, Bonn, Weimar und Hannover geplant.

Zur Ausstellung gab die Vereinigung der Denkmalfachbeörden in den Ländern die Publikation „wohnen 60 70 80. Junge Denkmäler in Deutschland“ beim Deutschen Kunstverlag heraus.

Über die Ausstellung sowie die Herausforderungen im Umgang mit jungen Denkmalen sprechen in der Podcastfolge Dr. Christine Onnen, Dezernatsleiterin Inventarisation und Dokumentation und Dr. Christof Krauskopf, Pressesprecher des BLDAM.

039 Bast – Wolle – Lein. Fasern in der der Archäologie

Plakat der Sonderausstellung „Lein oder nicht Lein“. Gestaltung: www.otyp.de
Blick in den Sonderausstellungsraum des Archäologischen Landesmuseums mit Spinnrädern. © Lioba Kaluza, BLDAM
Spinnrocken in der Ausstellung im Archäologischen Landesmuseum. © Lioba Kaluza, BLDAM

Der Mensch und seine Umwelt stehen seit jeher in einer untrennbaren Verbindung. Er ist durch sie gefordert und gefährdet, gleichzeitig bietet sie ihm aber den Raum zum Leben. Mit Geschick und Intelligenz lernte der Mensch die Möglichkeiten seine Umwelt immer mehr zu nutzen. Die heutige Übernutzung der Natur bis hin zur Zerstörung unserer Lebensgrundlagen hat das Alte Testament mit der Formel „Macht Euch die Erde untertan …“ (Genesis 1,28) wohl nicht gemeint. Explizit war aber die Nutzung von tierischen Ressourcen im Blick. Der im nächsten Satz auch um die pflanzlichen Ressourcen geweitet wird: „Sehet da, ich habe Euch gegeben alle Pflanzen, die Samen bringen, zu Eurer Speise“. Um ihre Eigenschaften im Sinne des Menschen optimal nutzen zu können, wurden Pflanzen und Tiere einem Selektions- und Zuchtprozess unterzogen.

Lein ist eine wahre Wunderpflanze, denn nicht nur ihre Fasern lassen sich mannigfaltig einsetzen. Auch ihre ölhaltigen Samen sind seit jeher hochgeschätzt und fanden bereits in der Jungsteinzeit nachweislich Verwendung. Leinöl kam nicht nur zum Anreichern von Speisen oder zur Haltbarmachung von Lebensmitteln sondern auch in der Heilkunst zum Einsatz. Wie vielseitig verwendbar Leinöl ist, beweist das Linoleum, ein im 19. Jahrhundert entwickelter Belag, dessen wichtigster Grundstoff es ist. Ohne Leinöl gäbe es keine quietschenden Bodenbeläge unter unseren Füßen, keine farbenfrohen Linolschnittarbeiten im Kunstunterricht und auch die Pellkartoffeln mit Quark würden ohne es nur halb so gut schmecken. Die Sonderausstellung mit dem Titel „Lein oder nicht Lein“ widmet sich dieser Nutzpflanze in allen ihren Facetten.

Das Archäologische Landesmuseum Brandenburg präsentiert aber auch in der Dauerausstellung mit einem 10.000 Jahre alten Birkenrindegefäß, das mit Bast vernäht ist und dem wohl ältesten Netz der Menschheit besondere Artefakte.

In der Podcastfolge unterhalten sich Prof. Dr. Franz Schopper, der Direktor und Dr. Christof Krauskopf, der Pressesprecher des BLDAM über organische Funde aus Bast, Rinde und Lein.

Die Ausstellung „Lein oder nicht Lein“ ist noch bis zum 15.1.2023 im Archäologischen Landesmuseum Brandenburg zu sehen. Bitte beachten Sie zu weiteren Informationen und den Sonderführungen am 27.12.2022 und 7.1 2023 die Website des Museums.

030 Keltisches Gold bei den Europäischen Archäologietagen

Der Fund keltischer Goldmünzen im Land Brandenburg ist eine der wichtigsten und spannendsten Entdeckungen der letzten Jahre.

Eine Auswahl der keltischen Münzen aus Baitz. Foto: M. Pilekić

Der Fund keltischer Goldmünzen im Land Brandenburg ist eine der wichtigsten und spannendsten Entdeckungen der letzten Jahre. Im Dezember des letzten Jahres konnten die Münzen der Öffentlichkeit präsentiert werden – nachdem der Fundplatz über mehrere Jahre immer wieder begangen worden war. So stellte die Landesarchäologie sicher, dass am Fundplatz keine Exemplare mehr zu finden sind, die dann in unberufene Hände gelangen könnten.

Der Finder, Wolfgang Herkt, war in jeglichem Sinne „berechtigt“, einen solchen Fund zu machen. Er ist ehrenamtlicher Bodendenkmalpfleger der Landesarchäologie und erfahrener Detektorgänger. Nach der Vorstellung, die ein reges Presse- und Medienecho hervorgerufen hatte, verschwanden die Münzen zunächst wieder im Tresor. In Zeiten der Pandemie sollte keine Sonderausstellung stattfinden.

Die brandenburgische Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur, Dr. Manja Schüle, und der ehrenamtliche Bodendenkmalpfleger Wolfgang Herkt enthüllen am 8.6.2022 die Vitrine mit den Goldmünzen. Foto: M. Schneider, BLDAM

Nach der Beruhigung der Pandemielage wird nun die Ausstellung der Münzen nachgeholt. Rechtzeitig vor den Europäischen Archäologietagen zeigt das Archäologische Landesmuseum Brandenburg (ALB) die Münzen im vom Zeithorizont passenden Ausstellungsraum, der sich mit der Besiedlungsgeschichte der „Germanen“ beschäftigt. Die Münzen sind dort im Kontext anderer keltischer Importstücke der Dauerausstellung bis zum 3.7.2022 zu bestaunen – danach werden sie zu Forschungszwecken zunächst nicht mehr zu sehen. Erst im Jahr 2025 ist eine größere Ausstellung zu keltischen Funden in Brandenburg geplant, bei der auch die Goldmünzen wieder gezeigt werden.

Im Podcast beschreibt der Landesarchäologe Prof. Dr. Franz Schopper die Besonderheit des Fundes. Die brandenburgische Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur, Dr. Manja Schüle, stellt die Bedeutung der Münzen für das Land Brandenburg und die Landesarchäologie dar und der Finder Wolfgang Herkt spricht über seine Gedanken zu seinem spektakulären Fund.

Wolfgang Herkt betrachtet „seinen“ Fund. Foto: M. Schneider, BLDAM

Die Europäischen Archäologietage vom 17. bis zum 19. Juni würdigen in Brandenburg den besonderen Fund mit Führungen und Veranstaltungen. Fatima Wolgast vom ALB kündigt im Podcast die Veranstaltungen an. Weitere Informationen finden Sie auf den Websites des Landesmuseums und der Europäischen Archäologietage.

www.landesmuseum-brandenburg.de

https://journees-archeologie.fr/c-2022/lg-de/Deutschland/Die-Archaologietage-in-Europa

026 Forschungstagung der brandenburgischen Landesarchäologie

Im Jahr 2022 kann das BLDAM wieder die jährliche Forschungstagung der brandenburgischen Landesarchäologie veranstalten – nach zwei Jahren pandemiebedingter Pause. Spannende Vorträge zu Forschungen von der Steinzeit bis in die Neuzeit werden in diesem Jahr online präsentiert. Über die Auswirkungen der Pandemie auf das BLDAM und die am 17. und 18.2. stattfindende Tagungen unterhalten sich Prof. Dr. Franz Schopper und
Dr. Christof Krauskopf.

Der Zugang zu den Vorträgen erfolgt über Youtube, mit dem Suchbegriff „Forschungstagung BLDAM“ ist der Livestream leicht zu finden.

024 Lanzenspitzen der Bronzezeit

Bronzezeitliche Lanzenspitze aus Frankfurt an der Oder. Foto: D. Sommer, BLDAM

Auch in diesem Jahr muss die traditionelle Weihnachtsführung des brandenburgischen Landesarchäologen pandemiebedingt ausfallen. Im Podcast spricht Prof. Dr. Franz Schopper über sein derzeitiges Forschungsprojekt. Durch Neufunde aus Brandenburg inspiriert, beschäftigt er sich intensiv mit Lanzenspitzen der Bronzezeit.

Das Thema verdeutlicht, dass die Forschung der Landesarchäologie nicht an den Landesgrenzen Halt machen kann. Die Entwicklungen der menschlichen Kultur der Vergangenheit haben keinerlei Verbindung zu modernen politischen Grenzen. Die Sachkultur, mit der sich die Archäologie ja im wesentlichen beschäftigt, belegt immer wieder die größeren internationalen Zusammenhänge. „Globalisierung“ bezeichnet heute die weltweiten Verbindungen, die Handel, Tourismus und Migration bedeuten. Ist der Begriff auch neu und heute in aller Munde, sind die Inhalte jedoch bereits für die Vorgeschichte von Bedeutung. Die archäologischen Funde zeigen, dass es schon immer Mobilität gegeben hat, sowohl von Objekten als auch von Menschen und damit verbunden von Ideen. Auch der heute viel diskutierte Begriff der Migration ist keine neue Erscheinung, Migration gehört zum Wesen des Menschen. Die archäologische Forschung findet dafür Belege aus allen Zeiten.

Die Lanzensptzen der Bronzezeit lassen diese Migration ebenso erkennen. An ihren Formen und Ausprägungen können Einflüsse aus den unterschiedlichsten Regionen Europas beschrieben werden. Um dies genauer untersuchen zu können, ist eine überregionale und internationale Erfassung von Funden erforderlich. Zu dem bisher bekannten etwas über 100 Stücke umfassenden Bestand bronzezeitlicher Lanzenspitzen aus Brandenburg kamen nun nun durch Neufunde und die systematische Aufnahme aus brandenburgischen Museen sowie aus älteren, eher „versteckten“ Publikationen zahlreiche Exemplare hinzu. Die Zahl der bekannten Lanzenspitzen steigt damit auf fast 400. Den wissenschaftlichen Hintergrund der derzeitigen Forschungen bildet eine Datenbank mit Stücken aus ganz Europa, die mittlerweile fast 17.000 Einträge aufweist.

Die Forschungen sind noch im Gang, sollen aber zu gegebener Zeit entsprechend präsentiert und publiziert werden.

020 Das Archäologische Landes-museum Brandenburg

Das Paulikloster in Brandenburg an der Havel – Sitz des Archäologischen Landesmuseums Brandenburg. Foto: D. Sommer, BLDAM

Das Archäologische Landesmuseum Brandenburg präsentiert seine Dauerausstellung seit 2008 im ehemaligen Dominikanerkloster in Brandenburg an der Havel. Im Podcast sprechen wir mit dem Direktor des Brandenburgischen Landesamts für Denkmalpflege und Archäologischen Landesmuseums und Landesarchäologen, Professor Dr. Franz Schopper, über die Geschichte und Entwicklung des Landesmuseums sowie über seine Perspektiven für die Zukunft.

Nähere Informationen zum Archäologischen Landesmuseum finden Sie auf der Webseite des Museums.

011 Museumspädagogik im Archäologischen Landesmuseum

Das Archäologische Landesmuseum Brandenburg im Paulikloster, Foto: Detlef Sommer, BLDAM
Archäotechnica 2017 „Slawen und Deutsche im Mittelalter“, Foto: Fritz Fabert

Jedes Jahr im Mai nehmen zahlreiche Museen am Internationalen Museumstag teil und bieten neben kostenlosem Eintritt viele besondere Aktionen, Führungen und Workshops an. Pandemiebedingt können diese leider auch 2021 größtenteils nur virtuell stattfinden. Aus diesem Anlass haben wir Fatima Wollgast vom Archäologischen Landesmuseum Brandenburg eingeladen, uns etwas über die museumspädagogische Arbeit und die Aktivitäten des Museums zu erzählen. Welche Veranstaltungen und Projekte finden über das Jahr verteilt statt und was erwartet die Besucherinnen und Besucher in den kommenden Monaten?