071 Vom Hyper-Dancing und Müther-Hype – zwei Tage mit Ulrich Müther

Die Tagungsteilnehmer*innen strömen zur Hyparschale. Foto: A.-M. Graatz, BLDAM

Von nächtlichen Zugfahrten mit Ulrich Müther über die richtige Aussprache der Hyper- oder Hyparschale bis zur Eislaufbahn in einem Mütherbau: In dieser Podcastfolge lassen wir es ordentlich „müthern“ und das Leben und Wirken des „Landbaumeisters“ von der Insel Rügen Revue passieren. Am 21.7. hätte er Geburtstag gefeiert, vor 91 Jahren wurde der Bauingenieur geboren. Deshalb geht an diesem Tag die Podcastfolge online.

Unter dem Motto “Harte Schale, weicher Kern?” widmete sich der brandenburgische Denkmaltag, in diesem Jahr gemeinsam mit dem Landesamt für Kultur und Denkmalpflege Mecklenburg-Vorpommern, den denkmalpflegerischen Erfahrungen bei der Restaurierung und Sanierung ausgewählter Bauten von Ulrich Müther. In einem zweitägigen Programm erlebten die circa zweihundert Teilnehmer*innen spannende Präsentationen rund um die Bauten von Ulrich Müther und kamen intensiv ins Gespräch. Dr. Wera Groß vom BLDAM und der Architekt Lutz Grabowski (immer.gut architektur) führten die Teilnehmenden über das Gelände der Hyparschale in Templin und gaben dabei interessante Einblicke in die Architektur des Gebäudes und seines Umfeldes. So besitzt der Schalenbau, in Anlehnung an seine ursprüngliche Nutzung als Gaststätte mit Dancefloor, eine Glitzerdecke und in der angrenzenden Kindertagesstätte befindet sich ein Fledermaushotel.

Das Logo der Landesdenkmalpflege Mecklenburg-Vorpommern zeigt eine Müther’sche Hyparschale

Ulrich Müther (1934–2007) entwarf als Bauingenieur mehr als 70 doppelt gekrümmte Beton-Schalentragwerke, die er als Bauunternehmer zu großen Teilen auch mit errichtete. Nach einer Phase der Missachtung nach 1989 zählen diese Bauten heute zu den eindrucksvollen Beispielen der Moderne nach dem Zweiten Weltkrieg in der DDR und werden sorgsam erhalten. An den Beispielen in Templin, Rostock-Schutow, Neubrandenburg und Magdeburg wurden die unterschiedlichen baulichen Gegebenheiten sowie die jeweiligen Befund- und Schadenslagen analysiert. Vorgestellt und diskutiert wurden dabei die denkmalpflegerischen Strategien und Nutzungskonzepte, die nicht nur die Substanz der Gebäude beeinflussen, sondern auch deren äußeres Erscheinungsbild prägen.

Durch den Vergleich dieser vier markanten Beispiele konnten wertvolle Erkenntnisse gewonnen werden, die sowohl für die Erhaltung als auch für die zukünftige Nutzung historischer Bauwerke der Nachkriegszeit von Bedeutung sind. Es ist geplant, die Ergebnisse in einem Tagungsband zu dokumentieren, um das gesammelte Wissen nachhaltig für zukünftige Projekte bereitzustellen.

Der gemeinsame Denkmaltag der Länder Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern in der Templiner Hyparschale war sehr gut besucht. Foto: A.-M. Graatz, BLDAM

Der gemeinsame Landesdenkmaltag 2025 ist eine Veranstaltung des Brandenburgischen Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologischen Landesmuseums und des Landesamtes für Kultur und Denkmalpflege Mecklenburg-Vorpommern in enger Zusammenarbeit mit der Brandenburgischen Architektenkammer. Kooperationspartner sind die Brandenburgische Ingenieurkammer, die Architektenkammer Mecklenburg-Vorpommern, die Ingenieurkammer Mecklenburg-Vorpommern, das Müther-Archiv sowie die Stadt Templin.

Wir danken der Wüstenrot-Stiftung für die großzügige Förderung.

Der Denkmaltag auf YouTube und Instagram.

Interviews und Gespräche mit: Prof. Dr. Thomas Drachenberg, Dr. Ramona Dornbusch, Dr. Wera Groß, Sabine Dahl, Journalistin und Moderatorin, Lutz Grabowski, Architekt, Prof. Matthias Ludwig und Dr. Dina Falbe vom Müther-Archiv der Hochschule Wismar, Dipl. Ing. Architekt Michael Bräuer, Weggefährte Müthers und Passant*innen.

Gemeinsamer Denkmaltag der Länder Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommen

Bericht auf der Website des BLDAM
Programm

Weiterführende Links

Mütherarchiv

Hyparschale Templin

Immergut-Architektur

Müther’s Vorbild: Félix Candela

Dipl. Ing. Architekt Michael Bräuer, Weggefährte Müthers

Film: Die Hyparschale in Magdeburg

Kurzfilm über Ulrich Müther

Popkultureller Tipp

Scooter – Hyper Hyper

070 Gegen das Vergessen

Archäologisches Workcamp in der Gedenkstätte Ravensbrück

Blick über das Untersuchungsareal im ehemaligen Konzentrationslager Ravensbrück. Foto: A.-M. Graatz, BLDAM

Weite Flächen, brüchiger Beton und Vogelgezwitscher und mittendrin eine Gruppe von internationalen Freiwilligen. Welche Bedeutung hatte das größte Frauen-Konzentrationslager auf deutschem Boden? Wie wurde der 80. Jahrestag der Befreiung in Ravensbrück begangen? Wie wird die Gedenkstätte von Besucher*innen wahrgenommen? Und darf man in einem ehemaligen Konzentrationslager ausgraben? In dieser Folge der DENKMALZEIT begleiten wir – mit Unterstützung von Eva Gutensohn vom radio dreyeckland – einen Tag lang das einwöchige archäologische Workcamp in der Gedenkstätte Ravensbrück bei ihren Untersuchungen und Dokumentationen auf dem Gelände, unterhalten uns mit den Teilnehmenden, der Leiterin der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück, Dr. Andrea Genest, und der Dezernatsleiterin Archäologische Denkmalpflege am BLDAM, Katharina Malek-Custodis.

Freigelegter Bereich der Baracke 32. Foto: A.-M. Graatz, BLDAM

Die Idee des Projektes ist es, dass die zeitgeschichtliche Archäologie zusammen mit der Geschichtswissenschaft in Gedenkstätten praktische Anwendung findet und so durch den partizipativen Ansatz, bei der archäologischen Dokumentation ein Zugang für junge Erwachsene zum Thema geschaffen wird. Ausgegraben oder wie Katharina Malek-Custodis sagt „archäologisch dokumentiert“, wird die Baracke 32, eine so genannte „Nacht- und Nebelbaracke“ (s. unten), deren Steinfußboden per Zufall bei gärtnerischen Arbeiten während eines anderen Workcamps entdeckt wurde. Die Archäologin berichtet davon, dass nach dem Ende des Krieges generell zahlreiche Akten vernichtet wurden und Archäologie manchmal die einzige Wissenschaft ist, die Vergessenes wieder zurück ans Tageslicht befördern kann. Dr. Genest ergänzt, dass das gesamte Gelände vom Überlappen zweier Zeitschichten geprägt ist, der Zeit des Nationalsozialismus und der Phase der Um- und Nachnutzung der Roten Armee. So verwundert es auch nicht, dass „große“ Funde ausblieben, manchmal ist kein Fund auch ein Ergebnis. In der zeitgeschichtlichen Archäologie kann es von sehr großer Bedeutung sein, nichts zu finden, weil bestimmte Bereiche beräumt wurden, um alles in Vergessenheit geraten zu lassen. Auch im nächsten Jahr soll die Zusammenarbeit zwischen dem BLDAM und der Gedenkstätte Ravensbrück fortgeführt werden und ein weiteres archäologisches Workcamp die Geschichte des ehemaligen Konzentrationslagers untersuchen. Mitmachen können Interessierte jeden Alters!

Dokumentationsarbeiten: Unter dem Betonboden, der während der Nutzung durch die Rote Armee angelegt wurde, sieht man den Ziegelboden aus der Zeit des nationalsozilistischen Terrorregimes. Foto: C. Krauskopf, BLDAM

Was genau gefunden wurde, hören Sie hier:

Podcastfolge mit Übersetzung der englischsprachigen Interviews

Podcastfolge ohne Übersetzungen (teilweise auf Englisch)

Überblick über die Geschichte des ehemaligen Konzentrationslagers

In Ravensbrück bei Fürstenberg wurde 1939 das größte deutsche Frauen-Konzentrationslager errichtet. 1941 wurde ein Männerlager, 1942 das „Jugendschutzlager Uckermark“ angegliedert. Von 1939 bis 1945 wurden 120.000 Frauen, 20.000 Männer und 1.200 weibliche Jugendliche des „Jugendschutzlagers Uckermark“ als Häftlinge registriert, sie stammten aus mehr als 30 Nationen. Zehntausende wurden ermordet oder starben an Hunger, Krankheiten oder durch medizinische Experimente. Am 30. April 1945 befreite die Rote Armee das Lager und rund 2.000 zurückgelassene kranke Häftlinge. Viele starben später an den Folgen der KZ-Haft. Nach Kriegsende nutzte die sowjetische Armee große Teile des ehemaligen Konzentrationslagers. Seit 1948 bemühten sich Überlebende und die Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes, den Bereich um das Krematorium als Gedenkort zu erhalten. Die 1959 gegründete Mahn‑ und Gedenkstätte Ravensbrück ist seit 1993 Teil der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten (SBG). 2013 eröffnete die Gedenkstätte im Beisein von Überlebenden die neue Dauerausstellung „Das Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück – Geschichte und Erinnerung“.

Der „Nacht- und Nebel-Erlass“

Am 7. Dezember 1941 erging ein „Führererlass“, der die Inhaftierung von politischen Gegnern, besonders aus dem Widerstand gegen das nationalsozialistische Terrorregime und die Besetzung von Nachbarländern, regelte. Danach wurden rund 7.000 des Widerstands verdächtige Personen aus zahlreichen europäischen Ländern verschleppt. Man verurteilte sie heimlich, behielt sie aber auch bei erwiesener Unschuld in Haft, ohne dass die Angehörigen irgendwelche Auskünfte erhielten. Das war der „Nacht- und Nebel“-Charakter der Aktion, der der Einschüchterung dienen sollte. Auch im Frauenkonzentrationslager Ravensbrück waren Opfer des Erlasses inhaftiert. Die Inkraftsetzung des Erlasses durch das Oberkommando stellt eines der Kriegsverbrechen der Wehrmacht und ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit dar.

Weitere Informationen

Gedenkstätte Ravensbrück

Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten

Bundeszentrale für Politische Bildung: Ravensbrück

Interviews:
Anne-Marie Graatz, BLDAM
Christof Krauskopf, BLDAM
Eva Gutensohn, radio dreyeckland

Die Übersetzungen werden von Annika Waller und Joachim Stark (beide BLDAM) gesprochen.