067 Barockes Hollywood in Brandenburg

Zehn Jahre Museum Himmlisches Theater im Kloster Neuzelle

Der Eingang zum Himmlischen Theater. Foto: A.-M. Graatz, BLDAM

Himmlisches Wetter, himmlische Reden und himmlisches Theater: Ein „europaweites Unikat“ feiert im Kloster Neuzelle Jubiläum. Vor 10 Jahren wurde das Museum Himmlisches Theater eröffnet, das seitdem jeweils zwei Szenen der barocken Passionsdarstellungen des Heiligen Grabs der Öffentlichkeit präsentiert. In dieser Folge der DENKMALZEIT haben wir uns in die barocken Festivitäten gestürzt, den himmlischen Reden gelauscht, das Depot besucht, mit Wegbegleiter:innen des Museums gesprochen und zum Schluss göttlichen Beistand gesucht und gefunden.

Prof. Dr. Thomas Drachenberg bei seiner Rede aus Anlass des Jubiläums im Museum Himmlisches Theater. Foto: A.-M. Graatz, BLDAM

Gemeinsam mit dem Geschäftsführer der Stiftung Stift Neuzelle, Norbert Kannowsky, sprachen für die Fördermittelgeber Brigitte Faber-Schmidt, Abteilungsleiterin Kultur im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg, Landeskonservator und stellvertretender Direktor des Brandenburgischen Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologischen Landesmuseums, Prof. Dr. Thomas Drachenberg, sowie Veit Kalinke als Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Oder-Spree und stellvertretend für die Ostdeutsche Sparkassenstiftung bei einem Festakt vor den aktuell ausgestellten Szenen “Gebet am Ölberg” und “Dornenkrönung Jesu”. Ein weiterer Höhepunkt war die Vorstellung des Szenenmodells durch die Denkmalpädagogin und Restauratorin Dr. Dorothee Schmidt-Breitung, die auch gleichzeitig ein neues Vermittlungsmodell präsentierte. Einblicke in das Depot erhielt man durch die versierten und spannenden Führungen von Prof. Mechthild Noll-Minor vom BLDAM.

Restaurierung der Kulissen in Wünsdorf – unter Vollschutz. Foto: M. Noll-Minor, BLDAM

Seit 2015 werden die Neuzeller Passionsdarstellungen im Museum Himmlisches Theater präsentiert. Die aufwendige Konservierung der nahezu 275 Jahre alten Holz- und Leinwandkulissen und Figuren bedarf großer Expertise. Die Konservierungsarbeiten werden von der Stiftung Stift Neuzelle und dem Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum in Wünsdorf koordiniert. Heute sind noch 229 Elemente der ursprünglich wohl 240 Tafeln und Leinwände erhalten. 14 Szenen vom „Gebet am Ölberg“ bis hin zur „Grablegung Jesu“ erzählen, ergänzt durch eine Auferstehungsszene, in fünf Bühnenbildern das Leiden Jesu und bestechen durch ihre barocke Opulenz. Dabei wird jede Station der Passion Christi durch eine Figurengruppe in Bühnenbildern dargestellt. Die weiteren Figuren- und Figurengruppen kommentieren das Geschehen oder Erzählen andere Geschichten aus dem Alten und dem Neuen Testament, die mit der Passionsszene korrespondieren.

Das Bühnenbild „Palast“. Foto: M. Noll-Minor, BLDAM

Der böhmische Künstler Johann Felix Seyfried schuf das Heilige Grab um 1751 im Auftrag des Klosters Neuzelle. Es ist mit einem besonderen Wortreichtum an Bibelzitaten ausgestattet. Das Bild- und Wortmaterial richtete sich – in einem protestantischen Umfeld – sowohl gegen die reformatorische Sicht der Eucharistie als auch gegen aufklärerisches Gedankengut. Auch heute noch zählt das Heilige Grab zu den bedeutendsten Kunstwerken im Kloster Neuzelle sowie im Land Brandenburg.

Seit dem 16. Jahrhundert wurden in der Karwoche und zur Osterliturgie vor allem in Süddeutschland und im Alpenraum Theaterarchitekturen in Kirchen aufgestellt, die den Leidensweg, die Grablegung und die Auferstehung Jesu Christi illustrieren sollten. Diese Heiligen Gräber oder Ostergräber wurden nicht für Passionsspiele genutzt, sondern dienten ausschließlich der Verinnerlichung, der Betrachtung und dem Gebet. In seinem Erhaltungszustand und der Größe der Kulissen hat das Neuzeller Heilige Grab ein Alleinstellungsmerkmal und zählt zu den sakralen Kunstwerken von europäischem Rang.

Weiterführende Links:

Kloster Stift Neuzelle

Zisterzienserkloster Maria Friedenshort

Seenland Oder-Spree

Museum Utopie und Alltag Eisenhüttenstadt

Plattform kulturelle Bildung

Kulturland Brandenburg

Kultur- und Denkmalförderung des Landes Brandenburg

066 Vegetationsgeschichte

Cover des neuen Handbuchs. Springer-Verlag

Etwa 80 Jahre lang galt der „Firbas“ als Standardwerk zur Vegetationsgeschichte. Franz Firbas (1902-1964), Biologieprofessor in Göttingen sowie zwischenzeitlich Stuttgart-Hohenheim und Straßburg, fasste die Erkenntnisse der bereits im im frühen 20. Jahrhundert von dem schwedischen Geologen Lennart von Post (1884-1951) „erfundenen“ Pollenanalyse zusammen und publizierte sein zweibändiges Werk „Spät- und nacheiszeitliche Waldgeschichte Mitteleuropas nördlich der Alpen“ in den Jahren 1949 und 1952 im Jena. Er legte damit die Grundlage für eine überregionale Betrachtung der Vegetationsentwicklung auf der Basis von pollenanalytischen Untersuchungen. Seine bahnbrechende Einteilung in Entwicklungsphasen, die er anhand der Pflanzenausbreitung erkannte, sind bis heute gültig, sie werden noch immer als Firbas-Zonen bezeichnet.

Die beiden Bände des „Firbas“ von 1946 und 1952. Verlag Gustav Fischer, Jena

Nach über 80 Jahren liegen jedoch so viele neue Erkenntnisse auf der Basis hunderter Pollenprofile vor, dass eine Überarbeitung überfällig war. Es kam allerdings nicht zu einer überarbeiteten Neuauflage, sondern zu einem vollständig neuen Projekt. Die Herausgeber*innen Dr. Ingo Feeser, Dr. Walter Dörfler (beide Universität Kiel), Prof. Dr. Manfred Rösch (Universität Heidelberg), Dr. Susanne Jahns (BLDAM), Dr. Steffen Wolters und Prof. Dr. Felix Bittmann (beide Niedersächsisches Institut für historische Küstenforschung) legen nun die „Vegetationsgeschichte der Landschaften in Deutschland) vor. Die Herausgeber*innen und weitere Autor*innen bieten darin in einführenden Kapiteln einen Überblick über Methodik und Forschungsgeschichte der Pollenanalyse und stellen in 39 weiteren Kapiteln die Vegetationsgeschichte in den deutschen Landschaften vor. Dabei wurde auf eine Vergleichbarkeit geachtet, so dass sich aus den regionalen Bildern ein Gesamtbild ergibt.

Vegetation im Spreewald. Foto: S. Jahns, BLDAM

In dieser Folge der DENKMALZEIT unterhält Dr. Christof Krauskopf mit Dr. Susanne Jahns, der Archäobotanikerin des BLDAM, über den „Firbas“ und stellen die Neuerscheinung vor – die nicht nur für Fachleute verfasst ist. Sie soll auch allen Interessierten dienen und für den Schulunterricht geeignet sein.

Ingo Feeser, Walter Dörfler, Manfred Rösch, Susanne Jahns, Steffen Wolters und Felix Bittmann (Hrsg.): Vegetationsgeschichte der Landschaften in Deutschland. Berlin 2025.

Pollen unter dem Mikroskop in 500-facher Vergrößerung. Foto: Dartmouth College Electron Microscope Facility

Glossar

Pollen: Blütenstaub, der von Samenpflanzen ausgebildet wird. Die winzigen Pollenkörner werden durch Wind, Regen und Insekten verbreitet und dienen der Befruchtung von Pflanzen. Pollenkörner sind zwischen 18 und 80 Mikrometer (µm, millionstel Meter, 0,000001 m) groß und nur mit dem Mikroskop sichtbar.

Pollenanalyse: Die P. oder Palynologie identifiziert Pollen in (Boden)Proben. Sie dient u.a. der Rekonstruktion der Vegetationsgeschichte und trägt zur Erforschung der Klimaentwicklung bei.

Radiokohlenstoffdatierung: Die R. oder 14C-Datierung beruht auf dem Verhältnis von 12C und 14C. Während der 12C-Gehalt von organischem Material auch nach dem Absterben erhalten bleibt, das radioaktive Isotop 14C aber zerfällt, lässt sich aus dem Verhältnis der beiden Kohlenstoffisotope der Zeitraum seit dem Absterben eines Lebewesens errechnen.

Tephra: Feines vulkanisches Material, das bei Vulkanausbrüchen mehr oder weniger weit verteilt wird. Ist die Zusammensetzung bekannt, können Tephra-Lagen mit bestimmten Vulkanausbrüchen in Verbindung gebracht werden. Wenn der Zeitpunkt des Vulkanausbruchs datiert werden kann, können auch weit entfernt gefunden Tephra-Lagen zur Datierung von Bodenschichten, aber auch Pollenproben beitragen.