055 Denkmalerinnerungen. Gespräch mit Dr. Peter Goralczyk

Dr. Peter Goralczyk arbeitete seit 1958 bei der Denkmalpflege und seit 1965 am neu gegründeten Institut für Denkmalpflege, das unter der Leitung von Prof. Dr. Ludwig Deiters stand. Er erlebte den Aufbau der Denkmalpflege in der DDR seit Ende der 1950er Jahr als Beteiligter mit. Von 1987 bis 1990 war er Generalkonservator der DDR als Nachfolger von Ludwig Deiters. Nach 1990 übernahm er das Referat Bauforschung des Brandenburgischen Landesamtes für Denkmalpflege, das damals noch seinen Sitz in der Brüderstraße in Berlin hatte.

Innenhof des Nicolai-Hauses in der Brüderstraße in Berlin, 1983. Foto: Bernd Settnik, Bundesarchiv, Bild 183-1983-0316-021, CC-BY-SA 3.0

In der Podcast-Folge unterhält sich der brandenburgische Landeskonservator, Prof. Dr. Thomas Drachenberg, mit Peter Goralczyk über die Situation der Denkmalpflege in der DDR.

In den späten 1950er konnte die Denkmalpflege in der DDR auf die aus der preußischen Denkmalpflege übernommenen Strukturen zurückgreife. Länder gab es seit der Verwaltungsreform des Jahres 1952 nicht mehr. Am 26. Juni 1952 trat die Verordnung zur Erhaltung und Pflege der nationalen Kulturdenkmale (Denkmalschutz) in Kraft, Fokus waren jedoch zunächst besondere Bauten, die auf einer zentralen Liste zusammengefasst waren. Aus der vorherigen regionalen Struktur der Denkmalpflege entwickelte sich die Frage, ob eine Denkmalpflege in der DDR eher regional oder zentral aufgebaut werden sollte.

1965 gründete man das Institut für Denkmalpflege, das als Zentralstelle seinen Sitz in Berlin hatte. In den ehemaligen Hauptstädten der Länder, die seit 1952 Bezirkshauptstädte mit anders zugeschnittenen Zuständigkeitsregionen waren, gab es Arbeitsstellen, die regional tätig sein sollten.

Die zentrale Liste der Denkmale wurde als „relativ zufällig zusammengetragen“ empfunden. Es entwickelte sich letztendlich eine dreistufige Liste, neben der Zentralliste gab es die Listen der Bezirke und die kommunalen Listen. Die Listen suggerierten eine Wertigkeit, die jedoch für die Arbeit des Instituts keine Rolle spielte – Denkmal war Denkmal, man bemühte sich, Erhaltungs- und Restaurierungsmaßnahmen zu finanzieren und zu organisieren.

Schmerzliche Verluste waren die Sprengungen großer Denkmale, wie etwa des Berliner Schlosses (1950/51), des Potsdamer Schlosses (1960/61) und der Universitätskirche in Leipzig (1968). Die Verzweiflung über diese Verluste war jedoch mit einer Art Aufbruchsstimmung gepaart, kam es doch 1966 zur Zulassung von freiberuflichen Restauratoren, und 1968 zur Einrichtung eines Studiums Restaurierung an der Kunsthochschule Weißensee. Bereits bei der Sprengung des Potsdamer Schlosses, für dessen Erhaltung sich das Institut vergeblich eingesetzt hatte, zeigten sich bei den für die Kultur in der Staatsführung Zuständigen unterschiedliche Auffassungen.

Denkmalpflegegesetz der DDR vom 19. Juni 1975. Historische Mühle von Sanssouci, Potsdam, Dokumente – Bernd Maywald Archiv. CC BY-NC-SA 4.0

Wie in der BRD gab das Europäische Denkmaljahr 1975 der Denkmalpflege auch in der DDR zunächst Auftrieb. Ein modernes Denkmalschutzgesetz wurde eingeführt. Das Baugeschehen entwickelte sich jedoch insgesamt in unterschiedliche Richtungen. Waren für die Sanierung und Restaurierung von Altbauten du Denkmalen umfangreiche handwerkliche Leistungen erforderlich, benötigte der Neubau, besonders vor dem Hintergrund der Vorfertigung, nur noch eingeschränkte handwerkliche Schritte. Um dem zu begegnen, entstand als Spezialbetrieb der VEB Denkmalpflege, der, regional aufgestellt, vielfältige handwerkliche Leistungen anbieten konnte.

Logo der Produktionsleitung Denkmalpflege, die den VEB Denkmalpflege übergeordnet war. Archiv des BLDAM

Im Zuge der weiteren Entwicklung der DDR zeigte es sich jedoch, dass die Erhaltung der Altstädte in der Fläche an ihre Grenzen kam. Umfangreiche Flächenabrisse, wie etwa in Bernau bei Berlin, folgten. Hintergrund war die These von der nur begrenzten Möglichkeit, „verschlissene“ Bauten erhalten zu können. An historische Altstädte angepasste Neubauten aus der Vorfertigung, die man beispielsweise in Bernau erprobte, stießen an Grenzen der Finanzierungbarkeit. In den 1980er Jahren erreichte die Vernachlässigung der Altstädte in der DDR ein bedenkliches Ausmaß. Seitens des Instituts wies man darauf hin und erarbeitete eine Studie über den Zustand der Altstädte in der DDR.

Die Grünstraße in Bernau bei Berlin vor und nach dem Abriss der Altstadt. Fotos: Ernst Wipprecht, BLDAM, 1982

Peter Goralczyk schildert diese Entwicklungen im Gespräch sehr eindrücklich und anschaulich – bis hin zum Ende der DDR und dem Versuch der Westberliner Denkmalpflege, sozusagen im Handstreich die Räume des Instituts in der Brüderstraße in Berlin zu übernehmen. Goralczyk und seinen Kollegen gelang es, diese Übernahme zu verhindern, das „BLDAM“ als brandenburgische Denmalpflegebehörde saß bis zum Umzug nach Wünsdorf 1998 weiter im Berliner „Ausland“.

Transkript zum Nachlesen

Gesetzblatt mit zentraler Denkmalliste

Katja Wüllner: Hinter der Fassade – Das institutionelle System der Denkmalpflege in der DDR untersucht am Beispiel der thüringischen Städte Erfurt, Weimar und Eisenach. Dissertation, Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg, 2015. Pdf zum download